Delegierter fÜr Opfer von fÜrsorgerischen Zwangsmassnahmen

Luzius Mader - Delegierter für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen
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MEDIENMITTEILUNG

24. Juni 2015

Wiedergutmachungsinitiative: Bundesrat legt indirekten Gegenvorschlag vor

Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen sollen als Zeichen der Anerkennung des erlittenen Unrechts einen Solidaritätsbeitrag erhalten. Dafür sollen 300 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden. Dies sieht der indirekte Gegenvorschlag zur Wiedergutmachungsinitiative vor, den der Bundesrat am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt hat.

Die Schweiz ist gegenwärtig daran, ein düsteres Kapitel ihrer Sozialgeschichte aufzuarbeiten, und zwar die fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen. Betroffen waren insbesondere Verdingkinder, Heimkinder, administrativ versorgte Menschen, Zwangsadoptierte, Zwangssterilisierte sowie Fahrende. Viele dieser Menschen waren über Jahre hinweg physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt und leben aufgrund ihrer Traumatisierungen zum Teil noch heute in prekären Verhältnissen.

An einem Gedenkanlass im April 2013 entschuldigte sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Namen der Landesregierung bei den Opfern für das geschehene Unrecht. Kurz darauf wurde ein Runder Tisch eingesetzt, an dem Betroffene sowie Vertreter von Behörden und Institutionen und Organisationen einen Bericht samt Massnahmenvorschlägen erarbeitet haben. Der Runde Tisch hat zudem vorübergehend einen Soforthilfefonds geschaffen für Opfer, die heute mit grossen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Parallel zu diesen Arbeiten kam mit 108 709 gültigen Unterschriften die Wiedergutmachungsinitiative zustande.

Solidaritätsfonds und zahlreiche weitere Massnahmen

Der indirekte Gegenvorschlag zur Initiative, den der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt hat, anerkennt das Unrecht, das den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen in der Schweiz vor 1981 zugefügt worden ist. Er regelt insbesondere die Voraussetzungen für die Ausrichtung von finanziellen Leistungen im Gesamtumfang von 300 Millionen Franken zugunsten der schätzungsweise 12 000 bis 15 000 Opfer. Eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung soll zudem Grundlagen zu den Hintergründen, zum Ausmass und zu den Auswirkungen der damaligen Praktiken liefern. Die Gesetzesvorlage sieht im Weiteren Massnahmen zur Aktensicherung vor (künftig sollen auch die privaten Archive erfasst sein) und regelt die Akteneinsicht für die Betroffenen und die Forschung. Auch soll die Suche nach früheren Sparguthaben Betroffener erleichtert werden. Zusätzliche Massnahmen wie die Beratung und Unterstützung Betroffener durch kantonale Anlaufstellen sowie die Errichtung von Zeichen der Erinnerung sind ebenfalls Teil der Vorlage.

Schnelle Aufarbeitung möglich

Der vom Bundesrat gewählte Weg über einen indirekten Gegenvorschlag ermöglicht eine schnellere Aufarbeitung der Geschehnisse als der Weg über eine Verfassungsrevision mit anschliessender Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfes. Auf diese Weise sollen möglichst viele Opfer, von denen sehr viele in fortgeschrittenem Alter und gesundheitlich angeschlagenem Zustand sind, noch in den Genuss einer Anerkennung ihres erlittenen Leides und einer Wiedergutmachung kommen.

Die Vernehmlassung zum indirekten Gegenvorschlag dauert bis Ende September 2015.