Delegierter fÜr Opfer von fÜrsorgerischen Zwangsmassnahmen

Luzius Mader - Delegierter für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen
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MEDIENMITTEILUNG

21. Mai 2014

Administrativ versorgte Menschen werden rehabilitiert

Der Bundesrat hat am Mittwoch das Bundesgesetz über die Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen auf den 1. August 2014 in Kraft gesetzt. Das Unrecht, das an diesen Menschen begangen wurde, wird damit gesetzlich anerkannt. Das neue Gesetz sieht zudem eine wissenschaftliche Aufarbeitung vor und gewährleistet die Aufbewahrung der einschlägigen Akten sowie ein umfassendes Akteneinsichtsrecht.

Das Gesetz geht zurück auf die parlamentarische Initiative "Rehabilitierung administrativ versorgter Menschen" (11.431). Es wurde vom Parlament in der Frühlingssession verabschiedet und tritt unter dem Vorbehalt in Kraft, dass die Referendumsfrist am 10. Juli 2014 unbenutzt abläuft.

Drei Massnahmen

Das Gesetz will denjenigen Menschen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die administrativ versorgt worden sind. Konkret geht es um Menschen, die von Verwaltungsbehörden aufgrund von Tatbeständen wie "Arbeitsscheue", "lasterhaftem Lebenswandel" oder "Liederlichkeit" ohne gerichtliches Verfahren in Anstalten eingewiesen wurden.

Diese Menschen sollen nun durch drei Massnahmen rehabilitiert werden: Erstens wird das an diesen Menschen begangene Unrecht gesetzlich anerkannt. Zweitens wird dieses dunkle Kapitel der schweizerischen Sozialgeschichte wissenschaftlich aufgearbeitet. Der Bundesrat wird hierfür in der zweiten Jahreshälfte eine unabhängige Kommission mit der Aufarbeitung der administrativen Versorgungen unter Berücksichtigung anderer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen beauftragen. Und drittens verpflichtet das Gesetz die Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden, die einschlägigen Akten aufzubewahren; es räumt zudem den Betroffenen einen einfachen und kostenlosen Zugang zu ihren Akten ein.

Einen Anspruch auf Schadenersatz, Genugtuung oder sonstige finanzielle Leistungen schafft dieses Gesetz nicht. Dies schliesst allerdings die Prüfung finanzieller Leistungen in einer Gesamtschau der Situation der Betroffenen von jeglichen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und anderen Fremdplatzierungen nicht aus, wie der Bundesrat im November 2013 in seiner Stellungnahme zum Gesetz festgehalten hat.

Arbeiten des Runden Tisches

Der Runde Tisch für die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen, den Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Frühling 2013 eingesetzt hatte, hat sich für solche Leistungen ausgesprochen. Zum einen hat er einen von der Glückskette verwalteten Soforthilfefonds geschaffen, für den er ab Juni Gesuche von Opfern entgegennimmt. Im September sollen dann die ersten Auszahlungen durch die Glückskette erfolgen.

Neben dieser zeitlich befristeten Soforthilfe auf freiwilliger Basis erarbeitet der Runde Tisch zum andern derzeit auch einen Vorschlag für die Schaffung eines Solidaritätsfonds. Dieser soll  hauptsächlich vom Staat finanziert werden und braucht daher eine gesetzliche Grundlage. Ob dieser Vorschlag des Runden Tisches realisiert werden soll und welche finanziellen Leistungen erbracht werden sollen, werden Bundesrat und Parlament zu gegebener Zeit zu entscheiden haben.